~Amuna Heyla(Topasauge)~
In die Arena
Ich stehe mit meinem Stylisten in der Umkleide. Eine kühle Stimme zählt den Countdown herunter: Sie ist bereits bei 53 Sekunden.
Ich trage wollene Unterwäsche und darüber einen Ganzkörperanzug, der sich eng an meinen Körper schmiegt. Ich fange an zu schwitzen. Ich betrachte die dicken, klobige Stiefel, welche meine Füße ebenfalls kochen lassen. Die dicke, wasserabweisende Hose und eine ähnliche Jacke mit Kapuze, deuten auf eine besonders kalte Arena hin.
Mein Stylist nickt mir noch einmal zu und schiebt mich dann in den Glaszylinder, der mich in die Arena hinauf transportieren wird. 34 Sekunden. Es dauert noch eine Weile, bis sich der Aufzug in Bewegung setzt, dann wird die Null verkündet und die Dunkelheit umhüllt mich.
Plötzlich ist es wieder hell, so hell, dass ich die Augen schließen muss. Der Aufzug stoppt und vorsichtig blinzele ich. Ein Blick und ich erkenne schneebedeckte Berge, die in der Mittagssonne wie Kristalle funkeln. Ein schneidender Wind bläst hier oben. Nun bin ich dankbar für meine warme Kleidung, denn ohne sie würde ich bestimmt erfrieren. Dann startet auch der Arenacountdown.
Beim Füllhorn, das ganz in der Nähe steht, erkenne ich eine Anzeigetafel. Ich verfolge die Zahlen, die stetig sinken. Das Füllhorn in der Mitte der Tributensockel quillt auch dieses Jahr fast über vor Habseligkeiten, Nahrung und Waffen. Mit gierigem Blick suche ich etwas, das mir hilfreich sein könnte, doch dann kommen Zweifel auf. Kann ich es dort hin schaffen, ohne gleich ermordet zu werden? Oder wäre es doch besser, sofort wegzulaufen und auf einem der riesigen Berge Schutz zu suchen.
Während ich grüble, zeigt die Anzeigetafel schon die 5, dann die 4, 3, 2, 1… Ich hole einmal tief Luft und treffe meine Entscheidung. Jetzt haben die 3., meine, Hungerspiele begonnen.

Füllhorn
Eiskalte Panik durchströmte mich, als der Startschuss ertönte und meine Beine schienen wie festgefroren. Ich war fast am durchdrehen und hatte Angst, gleich am Gemetzel des Füllhorns zu sterben. Ein paar Tribute waren schon am Füllhorn angekommen und sicherten sich die besten Sachen. Ein paar andere waren schon längst in der riesigen Arena auf und davon. Lohnt es sich? Ich ging das Risiko ein und sprintete auf schnellstem Weg zum Füllhorn. Ein Tribut kam auf mich zugestürmt, doch ich wich ihm aus. Erst jetzt merkte ich, dass er aus meinem Distrikt kommt. Ich kenne ihn nicht sonderlich gut, aber dennoch ist er ein Stück Heimat, auch wenn er sich nicht mit mir verbünden wird. Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne und entdeckte einen weißen Rucksack, perfekt getarnt in dem Schnee und leicht zu übersehen. Ich setzte ihn mir auf den Rücken und presste mich schnell an die andere Seite des Füllhorns, wobei von dort auch Tribute angestürmt kamen. Jetzt verfluchte ich mich für die Sekunden, in denen ich dumm rumgestanden habe. Schnell lief ich weiter und stolperte über etwas, das im Schnee lag. Voller Angst blieb ich liegen und wartete auf den Augenblick, wo ein Schwert mich traf, doch keiner scherte sich um mich und so lag ich in dem kalten Schnee und tat so, als wäre ich tot.
__________
Es war kalt, so kalt wie noch nie in meinem Leben. Doch ich wusste, wenn ich nur eine einzige Chance haben wollte, zu überleben, musste ich still liegen bleiben. Ich strengte mich an, das zittern zu unterdrücken, das meinem Körper durchlief. Langsam wurde es leise, aber immer noch hörte ich Schritte. Bestimmt die Karieros. Ich spürte meinen Körper nicht mehr und wusste, wenn ich mich nicht bald bewege, würde ich erfrieren. Ob die Aufspürer auch den Puls zählen? Wenn nicht, halten sie mir vielleicht für Tod und schicken mir ein Hovercraft! In diesem Moment ertönte ich eine Kanone und ich zuckte zusammen, was aber zum Glück niemand sah. War… war die für mich?
__________
Ich fror. Die Kälte drang durch den Anzug und am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte mich bewegt, aber dann wäre ich mit Sicherheit tot. Nach ein paar Augenblicken hörte ich laute Stimmen, die mit der Zeit leise wurden und ein schleifendes Geräusch. Die Karieros sind weg. Vorsichtig setzte ich mich auf und dachte an die Gesichter der Spielmacher. Und natürlich an die zuhause. Wie erstaunt sie sein müssen! Die Vorstellung zauberte mir sogar kurz ein Lächeln aufs Gesicht. Ich drehte meinen Kopf und starrte direkt in das Gesicht eines toten Tributs. Schnell schlug ich mir die Hände vor den Mund um nicht laut auszuschreien, denn dann würden mich die Karieros entdecken. Schnell stand ich auf und schlich mich an die der Karieros abgewandten Seite des Füllhorns. Ich kroch in das nun leere Füllhorn und öffnete meinen Rucksack. Drinnen war eine gefüllte Thermoskanne, ein Seil, eine flauschige Decke, ein paar dicke Socken und ein Topf mit einer nahrhaften Suppe. Ich wickelte mich in die Decke ein und nahm einen Schluck Tee aus der Flasche. Fast sofort wurde mir wärmer und ich nahm noch einen Schluck. Dann wärmte ich mir meine Hände an der Flasche. Plötzlich vibrierte die Luft und ich wusste ohne hinzuschauen, dass das Hovercraft gekommen war. Ich zog mich in die hinterste Ecke des Füllhorns zurück, in der ich erst mal auch bleiben würde. So schnell würde keiner zum Füllhorn zurückkehren.
__________
Es war viel Zeit vergangen, seit das Hovercraft den Toten abgeholt hatte und ich saß die ganze Zeit in der Decke da, um mich warm zu halten. Doch ich wusste, ich brauchte einen Unterschlupf, wenn ich nicht erfrieren wollte, denn das Füllhorn war zu unsicher. Ich packte meine Sachen und trat aus meinem bisherigen Unterschlupf. Mit offenem Mund blieb ich stehen. Die Sonne versank gerade hinter den Bergspitzen und tauchte alles in rotes Licht. Es verlieh allem etwas geheimnisvolles, aber dennoch schönes. Lieber würde ich auf das hier verzichten, als hier zu sein. Ich drehte mich ein mal im Kreis und entschied mich zu dem Berg zu gehen, der an der Spitze einen Spalt aufwies. Ich werde ihn Spaltberg nennen. Ich lief so schnell ich konnte los, da ich noch vor der Dunkelheit da sein wollte. Doch schon nach einer kurzen Zeit bekam ich Seitenstechen und legte eine kurze Pause ein. Nächstes mal nicht so schnell. Ich stand wieder auf und lief weiter, diesmal achtete ich besser aufs Tempo. Das machte sich bezahlt, ich machte keine Pause mehr und erreichte den Berg noch vor der Nacht. Ich bestieg ihn, immer auf feindliche Tribute achtend. Sie würden mich bei meiner Größe sowieso nicht sehen, aber dennoch fühlte ich mich beobachtet. Wenn ich doch nur einen Tarnanzug hätte!
__________
Ich hatte es aufgegeben, einen Unterschlupf zu finden. Ich werde diese Nacht wahrscheinlich nicht überleben .Also saß ich unbeweglich im Schnee, und wurde zugeschneit. Plötzlich ertönte ein Piepen vor mir schwebte ein Fallschirm herunter. Für mich? Ich wollte danach greifen, doch meine Hände verweigerten mir den Dienst. Ich starrte sie erschrocken an. Sie waren leichenblass und ich konnte sie nicht mehr bewegen. Wankend stand ich auf, griff irgendwie den Fallschirm, steckte ihn in meinen Rucksack und stolperte den Berg hoch. Als ich schon fast vor dem aufgeben war, erkannte ich in einiger Entfernung ein kleines Feuer. Mit neuer Hoffnung lief ich auf das Feuer zu. Sollte ich mich zeigen? Ich wollte keine Verbündete! Ich war so sehr in Gedanken vertieft, dass ich nicht weiter auf den Weg achtete, gegen eine Plane stolperte und in den kalten Schnee geschleudert, der meine Sturz zum Glück dämpfte. Da war jemand dahinter! Mindestens zwei, alleine würde man es doch kaum wagen, ein Feuer zu machen. Ich wollte um die Ecke spähen, doch ich hielt mich zurück. Ich hatte schon Glück, dass sie mich nicht gehört haben! Stattdessen packte ich meinen Fallschirm aus. Drinnen befand sich ein heller Anzug. Was der wohl macht? Ich zog ihn an und wartete darauf, dass irgendwas passierte, doch alles blieb gleich. Ich blickte an mir runter und sog überrascht die Luft ein. Er machte mich unsichtbar! Wow, ein Tarnanzug! danke! Es war, als wäre mein Wunsch gehört worden. Ich kann jetzt überall hingehen, wo ich will! Mit neuer Energie lief ich auf das Feuer zu.
_________
Mit neuer Hoffnung lief ich auf das Feuer zu. Ein breites Grinsen erschien auf meinem Gesicht, was aber niemand sehen konnte. Als ich näher kam, sah ich, dass das Feuer aus einer Höhle kam und schlich mich von der Seite an und schaute vorsichtig in die Höhle. Es waren drei, zwei schliefen und eine hielt Wache. Ein Glück, dass sie mich nicht sehen kann und auch meine Fußspuren nicht, da ich außen rum gelaufen bin! Ich überlegte, was ich machen sollte. Ich werde mich ganz sicher nicht zeigen! Was sollte ich machen? Ich könnte… Ich könnte mir alles nehmen was ich bräuchte. Mein Grinsen kehrte wieder zurück und ich malte mir aus, wie ich in die Höhle schlich und niemand bemerkte mich. Ichsah mir das Mädchen, das Wache hielt, genauer an. Ich glaube, sie heißt Raven. Sie hatte eine Sonnenbrille auf! Verwundert schüttelte ich den Kopf. Was sollte das bringen? Aber noch war die Zeit für meinen Angriff nicht gekommen, also setzte ich mich so hin, dass Raven mich nicht sah, die Wärme des Feuers mich aber trotzdem erreichte.
_________
Blitzschnell sprang ich auf die Füße, als in der Höhle Stimmen ertönten und anscheinend zusammen gepackt wurde. Ich lugte vorsichtig um und Ecke und sah, wie Ronny gerade ihre Sachen packte. Raven hatte immer noch die Brille auf. Ich schlich mich in die Höhle und pirschte mich von hinten an Raven ran. Karou und Ronny standen mit dem Rücken zu ihr, also setzte ich Raven blitzschnell die Brille ab und steckte sie ihn meinen Ärmel. Ich wusste nicht, was an dieser Brille so besonders war, doch das würde ich noch herausfinden. Nichts wie weg! Ich schlich mich leise aus der Höhle, dann rannte ich weiter den Berg hinauf. Sie dürfen mich nicht unterschätzen! Als ich einen großen Felsbrocken entdeckte, kauerte ich mich dahinter, steckte die Brille in meinen Rucksack, setzte ihn wieder auf und lief weiter.
_________
Ich starrte erschrocken die vogelähnliche Mutation an, die nun mit Ronny in den Klauen wegflog. Ich starrte das Monster erschrocken an. Es hätte auch mich treffen können. Doch mit einem erleichterten Seufzen fiel mir ein, dass es mich gar nicht hätte sehen können. Ich lief nun wieder den Berg hinunter, da es oben immer schroffer wurde und wahrscheinlich auch kälter. Im Großen und Ganzen ging es mir recht gut, besser als ich es mir ausgemalt hatte. Ich kam gut voran und schon nach einiger Zeit konnte ich das Glitzern des Füllhorns ausmachen. Ich wollte nicht unbedingt zum Füllhorn, also ließ ich mich im Schatten eines Felsen nieder und legte eine Pause ein. Plötzlich ertönte von der anderen Seite lautes Atmen. Vor Schreck blieb ich stocksteif sitzen und vergaß, dass ich unsichtbar war. Zum Glück war ich leise! Einmal mehr war froh über den Anzug. Vorsichtig schaute ich um den Felsen und sah einen Kariero. Aber warum ist er alleine? Doch das war mir dann egal, denn mein Blick wurde von dem Netz voller Äpfel, einer Miniheizung und einer Kiste voller Waffen, die er neben sich stehen hatte, abgelenkt. Mein Herz raste, als ich vorsichtig zur Kiste kroch ein Blasrohr mit 50 vergifteten Pfeilen entwendete. Ich will niemanden umbringen, aber wehren muss ich mich. Um den Kariero abzulenken, warf ich einen Stein, damit ich leise verschwinden konnte. Nach kurzer Zeit fand ich einen Felsspalt, in den ich hineinkroch.
_________
Ich lief nun den Berg wieder hinauf und schaute mir mein Blasrohr an. Plötzlich ertönte hinter mir ein qualvoller Schrei, ich drehte mich um und setzte meine Waffen an die Lippen, in der Erwartung, sie zum ersten Mal benutzen zu müssen. Doch alles blieb ruhig. Was war das? Aufmerksam schlich ich auf meinen eigenen Fußspuren zurück zu dem großen Felsen. Ich presste mich mit den Rücken an den Felsen und langsam schaute ich um die. Ich sprang auf und schrie entsetzt und überrascht auf. Hakan lag leichenblass auf dem Boden und zuckte unkontrolliert, mein Blick wanderte nach rechts, wo neben seiner blau angelaufenen Hand eine tote, blaue Eidechse lag. Giftig!, entfuhr es mir unwillkürlich. Er würde sterben! Ich empfand Mitleid und wollte ihm helfen, doch wie auf ein Zeichen lag er still da.
Ein Kanonenschuss ertönte. Ungläubig starrte ich auf den toten Körper des Jungen. Ich kannte ihn nicht, aber dieses Bild würde mich immer verfolgen. Möge es ihm gut gehen, wo er jetzt ist. Ich bückte mich, wobei ich nicht den Blick von der Leiche wenden konnte und hob die Äpfel auf und die Miniheizung auf und steckte sie in meinem nun bis zum Rande vollen Rucksack. Was soll ich mit den ganzen Waffen machen? Ich überlegte hin und her. Hier lassen wollte ich sie auf keinen Fall, da könnte sie jedem in die Hände fallen. Am Ende steckte ich 6 Wurfmesser in meinen Gürtel.
Die Speere und Schwerter steckte ich in den Körper des toten Jungen, was mich mit Abscheu erfüllte, aber dennoch unvermeidbar war. Ich hatte meine Augen geschlossen, doch das Schmatzen, wenn sich das Stahl ins Fleisch bohrte, würde mich in meinen Alpträumen heimsuchen.
So würden sie Waffen aus der Arena fortgeschafft werden. Dann rannte ich so schnell ich konnte von dem Ort des Grauens fort.
_________
Mit dem Bild des sterbenden Jungens lief ich bergauf. Trotz des Versuches, die schreckliche Szene zu verdrängen, musste ich immer wieder dran denken. Ich hob meinen Blick und ein seltsamer Nebel fiel mir ins Auge. Er kam gleichmäßig näher und schien nicht natürlich zu sein. Bestimmt vom Kapitol. Und wahrscheinlich giftig. Aber ich war nicht scharf darauf, es auszuprobieren, also machte ich auf Absatz kehrt und rannte so schnell ich konnte den Berg hinunter, ohne auf die Richtung zu achten. Erst als es vor mir golden funkelte, realisierte ich, dass ich auf das Füllhorn zu rannte. Hektisch blickte ich mich um, doch es gab keine andere Möglichkeit. Sie wollen uns zum Füllhorn treiben! Ich schaute wieder nach vorne. Auf dem Füllhorn standen zwei Tribute, die in die Landschaft spähte. Ohne den Anzug wäre ich sicherlich schon entdeckt worden. Ich rannte weiter auf das Füllhorn zu, denn woanders wäre ich von dem Nebel erfasst worden. Ich achtete darauf, keine Spuren zu hinterlassen und ließ mich dann hinter einem Sockel nieder. Zur Sicherheit holte ich mein Blasrohr raus und legte einen Pfeil rein. Wer weiß, ob ich nicht doch noch brauche.
_________
Mit einem verbissenen Ausdruck auf dem Gesicht schlich ich mich auf Roy und Natalie an, die nun auch am Füllhorn angekommen sind – wie viele andere Tribute. Natürlich wollte ich mich nicht mit ihnen verbünden, sondern nur etwas von ihrem Vorrat „ausleihen“. Roy hatte sich zum Schutz einen Rucksack vor den Bauch geschnallt. Ganz leise trat ich von hinten an Roy heran und überlegte, wie ich vorgehen sollte. Ich werde ihr auf keinen Fall etwas tun. Ich hatte mir geschworen, nur im Notfall jemanden umzubringen. An Roys Rucksack konnte ich auf keinen Fall, dass würde sie merken. Mein Blick fiel auf zwei weitere Kisten und ein Rucksack, die an dem Sockel lehnten. Ich lief so leise zu dem Sockel, dass nicht mal der Schnee unter meinen Füßen knirschte. Wie eine Maus. Vorsichtig öffnete ich einen Rucksack und schaute rein. Zuerst kam eine Flasche zum Vorschein, die ich ganz leise in den Schnee stellte. Dann nahm ich noch ein Spray mit. Ohne den Rucksack wieder zuzuschließen, steckte ich die Falsche ein und schlich mich vorsichtig wieder zu meinem Sockel zurück. Plötzlich fiel mir ein, dass ich zwar unsichtbar bin, aber meine Fußspuren dennoch sichtbar sind. Schnell nahm ich ein Messer und wischte mit der flachen Seite über den Schnee, sodass die Spuren verschwunden waren. Ich beschloss, noch einen Sockel weiter zu gehen, um sicher zu sein. Beim Laufen wischte ich verwischte ich die Spuren hinter mir. Als ich da war, setzte ich mich recht zufrieden mit meinem Ergebnis hinter den Sockel. Ich bin unsichtbar und vor dem Nebel geschützt – was will man mehr?
_________
Ich drehte meinen Kopf von einer Richtung zur anderen und beobachte mit entsetzter Miene, wie Tribute starben. Roy rannte auf Shayn zu stach ihn nieder, dann blieb sie selber liegen. Ein Kanonenschuss ertönte. Zwei andere, verletzte Mädchen warfen sich auf Lina und metzelten sie nieder. Ein Kanonenschuss nach dem anderen erklang. Natalie und Haven kämpften gegeneinander. Mindestens die Hälfte war tot. Misha – das kleine Mädchen aus 11 – stand auf einem Sockel und beobachtete fassungslos die kämpfenden Tribute. Mir tat sie leid, doch ich konnte nichts tun. Das einzige, was ich tun konnte, war hier sitzen zu bleiben und hoffen, dass all dies bald vorbei ist.
_________

~Nicholas Chaly(Shadowforce)~
In die Arena
Ich stehe mit meinem Stylisten in der Umkleide. Eine kühle Stimme zählt den Countdown herunter: Sie ist bereits bei 53 Sekunden.
Ich trage wollene Unterwäsche und darüber einen Ganzkörperanzug, der sich eng an meinen Körper schmiegt. Ich fange an zu schwitzen. Ich betrachte die dicken, klobige Stiefel, welche meine Füße ebenfalls kochen lassen. Die dicke, wasserabweisende Hose und eine ähnliche Jacke mit Kapuze, deuten auf eine besonders kalte Arena hin.
Mein Stylist nickt mir noch einmal zu und schiebt mich dann in den Glaszylinder, der mich in die Arena hinauf transportieren wird. 34 Sekunden. Es dauert noch eine Weile, bis sich der Aufzug in Bewegung setzt, dann wird die Null verkündet und die Dunkelheit umhüllt mich.
Plötzlich ist es wieder hell, so hell, dass ich die Augen schließen muss. Der Aufzug stoppt und vorsichtig blinzele ich. Ein Blick und ich erkenne schneebedeckte Berge, die in der Mittagssonne wie Kristalle funkeln. Ein schneidender Wind bläst hier oben. Nun bin ich dankbar für meine warme Kleidung, denn ohne sie würde ich bestimmt erfrieren. Dann startet auch der Arenacountdown.
Beim Füllhorn, das ganz in der Nähe steht, erkenne ich eine Anzeigetafel. Ich verfolge die Zahlen, die stetig sinken. Das Füllhorn in der Mitte der Tributensockel quillt auch dieses Jahr fast über vor Habseligkeiten, Nahrung und Waffen. Mit gierigem Blick suche ich etwas, das mir hilfreich sein könnte, doch dann kommen Zweifel auf. Kann ich es dort hin schaffen, ohne gleich ermordet zu werden? Oder wäre es doch besser, sofort wegzulaufen und auf einem der riesigen Berge Schutz zu suchen.
Während ich grüble, zeigt die Anzeigetafel schon die 5, dann die 4, 3, 2, 1… Ich hole einmal tief Luft und treffe meine Entscheidung. Jetzt haben die 3., meine, Hungerspiele begonnen.


Füllhorn
Als der Gong ertönt, flitze ich los, auf alles vorbereitet. Ich sehe, dass ein paar Tribute nahe an der Panik sind, doch ich fühle nur Ruhe. Ruhe und Lust aufs Töten. Als ich ankomme, nehme ich mir einen Speer und drehe mich zur Tributin aus 1 um. Braucht ihr noch einen Verbündeten?, rufe ich ihr zu. Ich bin zuversichtlich, dass sie mich nehmen wird, warum auch nicht?

Ich hörte den Countdow, der langsam runterzählte. Werde ich überleben? Ich war so aufgeregt. Ich brauche dringend etwas gegen die Kälte, sonst erfriere ich! Ich sah zum Füllhorn hoch. 3...2...1... Da rannte ich schon los. Ein paar Tribute waren schon beim Füllhorn, doch ich war schnell. Ich schnappte mir einen auffällig gelben Rucksack. Der Rucksack ist wie ein Schild:Komm und hol mich! Egal, in dem Rucksack ist garantiert etwas brauchbares und lebenswichtiges drin. An dem Rucksack war eine Rolle Seil, die ich auf 5m schätzte. Ich rannt los, kam aber nicht schnell voran wegen dem hohen Schnee. Trotzdem rannte ich in Richtung einengespaltener Berg(Spaltberg). Der erbarmungslose eiskalte Wind schlug mir entgegen. Erst fingen meine Wangen an zu brennen, dann konnte ich sie und die Nasenspitze gar nicht mehr spüren. Zum glück sind diese Klamotten dick genug um mich warm zu halten... Ich darf nicht zurückschauen, sonst verliere ich nur Zeit. Langsam und unbeachtsichtigt wurde aus meinem Spurt ein joggen. Da mein Atem stoßweise ging und die eisige Luft in meiner Luftröhre brannte unternahm ich nichts dagegen. Ich strich mir eine meiner fast weißen Haarsträhnen aus meinem, inzwischen vom Frost geröteten, Gesicht, die sich unter meiner Kaputze gelöst hatten. Hoffentlich ist eine Waffe in dem Rucksack drin, dachte ich mir ängstlich. Natürlich kann ich auch mit dem Seil eine Falle knüpfen, aber mit einer Waffe ist man besser dran. Außerdem fühle ich mich mit einer Waffe sicherer, und wenn ich angegriffen werde kann ich mich wenigsten wehren. Etwas zu essen und gegen die Kälte wäre auch nicht schlecht, ganz im Gegenteil...
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ich hustete von der kalten Luft. Inzwischen stampfte ich nurnoch durch den Schnee und ich erlaubte mir mich auch umzudrehen. Meine gehetzte Eile hatte ich zum Teil abgelegt, und durch das monotone gehen dachte ich auch nicht viel nach. In weiter Entfernung sah ich die weichen und dunklen Umrisse das Füllhorns. Vor mir stieg der Gespaltene Berg an. Ich sah an ihm hoch, konnte jedoch die spitzen der beiden Teile nicht erkennen, da sie so weit oben waren. Dann begann ich mit dem Anstieg. Ich schnaufte und ächzte, mein Atem bildete kleine weiße Wölkchen vor meinen Mund, die mich schon als kleines Kind fasziniert hatten. Aber heute waren sie nur ein Zeichen der tödlichen Kälte in der Arena. Ich stapfte gegen den Schnee an, aber ohne viel Erfolg. Ich kam an einer Felsspalte vorbei und beschloss hier eine Rast einzulegen und mir meinen Rucksack mal genauer anzusehen. Als ich mich in die Felsspalte quetschte, schürfte ich mir beinahe die Wange auf. Dann setzte ich mich auf den eiskalten Boden und öffnete den Rucksack. Heraus kullerten eine steinschleuter, praktisch zum Jagen, ein Dolch, und schon fühlte ich mich nicht mehr so verwundbar, eine Packung streichhölzer, eine Packung mit Kirschen, die ich essen konnte wenn ich nichts fing und zu guter letzt ein Schlafsack. Ich habe alles was ich mir gewünscht habe bekommen. Ich habe sogar einen Unterschlupf. Hungern und kampflos sterben werde ich auch nicht. Ich legte den Schlafsack über mich und öffnete die Packung Kirschen.. Eine einzige nahm ich heraus und zerteilte sie in vier gleich große Stücke. Einzeln und langsam aß ich diese genüsslich. Den Rest, also die Packung Kirschen, die Streichhölzer und das Seil verstaute ich wieder im Rucksack.
UNTERSCHLUPF